Blog 2 – Blog einer frisch ausgebildeten Krankenschwester

Ich habe – wieder einmal – eine Weile nicht geschrieben. Das liegt vor allem daran, dass ich nicht erzwingen möchte, über etwas zu schreiben, das nicht interessant genug ist, um gelesen zu werden. Außerdem möchte ich nicht gegen meine Schweigepflicht verstoßen und zu viel über Patienten schreiben, denn wie oft in den Nachrichten zu sehen ist: Man muss heutzutage vorsichtig sein, mit dem, was man sagt oder schreibt, sonst bekommt man ein Disziplinarverfahren an den Hals.

Mittlerweile bin ich in der dritten von vier Abteilungen dieses Traineeships gelandet, der Geburtshilfe/Gynäkologie. Ich muss sagen, der Übergang war ziemlich ein Kulturschock. Ich kam von der Inneren Medizin, wo man hauptsächlich mit Diabetes, Magen-Darm-Leber-Erkrankungen, Onkologie, gestörter Nierenfunktion usw. zu tun hat. Hier kam ich zum ersten Mal mit der sogenannten “Code-Politik” in Berührung. Code A bedeutet, dass es keine Behandlungseinschränkungen gibt. Bei Code B gibt es Behandlungseinschränkungen, zum Beispiel möchte jemand nicht mehr dialysiert werden oder bei einem Herzstillstand nicht mehr reanimiert werden. Und dann gibt es noch Code C, was bedeutet, dass es überhaupt keine Behandlung mehr gibt. Alle unnötigen Medikamente werden abgesetzt und die “Behandlung” konzentriert sich hauptsächlich auf Symptomkontrolle und “Lebensqualität”. In den ersten drei Wochen auf der Abteilung hatte ich bereits 3 Code C’s. Drei Todesfälle. Dreimal der Arzt, der mit dem Stethoskop nach Herzaktivität sucht, ohne Erfolg. Drei traurige Familien. Das lernt man nicht in der Schule…

Und dann kommst du plötzlich an den Ort, wo die Geburt im Mittelpunkt steht, die Geburtshilfeabteilung. Was für ein warmes Gefühl. Der Kontrast zwischen den beiden Abteilungen ist so groß. Fast jeden Tag darf ich wieder Teil eines der schönsten und wichtigsten Momente im Leben eines Menschen sein. Fast jeden Tag ist ein wundervoller Tag, und ich fühle mich glücklich, wenn ich wieder Zeuge des ersten Schreis, der Tränen des Papas und der Hebamme bin, die feststellt, dass alle Finger und Zehen da sind und das Frühstück mit Anisplätzchen auf den Tisch kommen kann. Währenddessen weiß ich, dass eine Etage tiefer ein Kollege dabei ist, einen Verstorbenen zu waschen und liebevoll die Familie aufzufangen. Wie widersprüchlich das Leben doch ist. Ich versuche nicht zu lange darüber nachzudenken. Warum werden wir “allein” geboren und sterben wieder “allein”? Die Antwort bekomme ich vielleicht nie. Wenn man zu lange darüber nachdenkt, wird man verrückt. Also schreibe ich es nieder, um es von mir abzuschütteln.

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